© Elisabeth Mandl
Wer bin ich
Ich heiße Manuela Achitz, bin 36 Jahre alt, komme aus Linz und lebe seit meinem Studium in Wien. Seit vielen Jahren arbeite ich in unterschiedlichen Jobs im Umwelt- und Naturschutzbereich. Hauptberuflich bin ich bei „Natur im Garten“ tätig, einer Bewegung für ökologische Gärten und Grünraume. Dort bin ich für die Stabstelle Partnerbetriebe & Gütesiegel zuständig, was den Ausbau und die Weiterentwicklung der ökologischen Gartenbranche bedeutet. Ehrenamtlich bin ich seit vielen Jahren im NPO Frauennetzwerk im Vorstand und davor als aktives Mitglied tätig. Seit 2016 bin ich die Obfrau. 2020 kommt die große Übergabe an die neue Generation.
Warum bin ich im NPO Sektor tätig
Als Kind war ich bereits ein Wirbelwind, der immer Interesse am Anderen hatte. „Wer bist du, was machst du und warum?“, trieb mich schon immer an. Wie ein Schmetterling flatterte ich von Blüte zu Blüte, und wollte, dass es allen gut geht. Ich hatte immer ein aufregendes Leben, da ich einen breiten Horizont hatte, viele Entdeckungen auf der Welt machte. Die Schattenseite war und ist, dass ich leicht den Boden unter den Füßen verlor und keine Grenzen setzen konnte: was ist meines, was ist deines, was kommt vom Anderen und was sind meine Bedürfnisse oder Emotionen. Das war und ist nicht immer leicht: aber es gab bereits in meiner frühen Kindheit eine Aktivität die mich geerdet hat. Das Garteln mit meiner Oma.
Samen säen, Pflanzen beim Wachsen beobachten, ernten im Sommer: Erbsen, Karotten, Rhabarbar, Kartoffeln, Erdbeeren, Maggi Kreitl, Ribisel. Alles was das Selbstversorger Herz brauchte, wuchs bei uns im Garten. Ich fühlte Zufriedenheit und Selbstbestimmung – auch wenn ich als Kind diese Begriffe noch nicht benennen konnte.
Die verlorene Ära
Dann kam ein anderer Schwerpunkt: Lernen, Bildung, Universität und der Umzug nach Wien. Studium der Internationalen Entwicklung und Politikwissenschaft. Ich hatte keinen wirklichen Fokus, wohin ich wachsen sollte: ich wusste ich wollte etwas in Richtung Bewusstseinsbildung machen, zu einer starken und mündigen Zivilgesellschaft beitragen, dazu, dass wir Dinge in unserer Welt zum besseren verändern. Aber ich war eigentlich verloren, zerrissen, abgelenkt, unglücklich oder gestresst.
Als der Leidensdruck nach Jahren zu groß war, fielen mir zum Glück wieder die Pflanzen und das Garteln ein. Pflanzen sind so smart und wissen, wie sie unter widrigsten Umständen bestehen können: Sie kooperieren zum Beispiel: Alle Obstbäume sind auf die Kooperation mit Insekten angewiesen, locken Insekten an, um bestäubt zu werden, und um Früchte zu tragen.
Hilfe annehmen und zulassen zu können ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke.
Ich nahm Hilfe an. Wir sind nicht geschaffen, um alles alleine zu machen. Und ich gestand mir ein, dass ich bis dato sämtliche Probleme zur Seite schob und dies nur zu mehr Unzufriedenheit führte. Ich öffnete mich, nahm Therapie, Coaching und Selbsthilfe in Anspruch.
Und durch diese fokussierte Arbeit an mir selbst, was auch meiner Berufslaufbahn gut tat, bin ich jetzt da, wo ich jetzt bin: ich bin quasi zur Gärtnerin geworden, aber nicht zu einer, die du dir vorstellen würdest und Pflanzen zum Gedeihen bringt. Ich bin eher Gärtnern in unterschiedlichen Netzwerken geworden: Im NPO Frauennetzwerk kümmere ich mich darum, dass das Netzwerk wächst, die Teams funktionerieren, die Strategie und Vision stehen. – Damit wir uns für mehr Gleichberechtigung und Teilhabe von Frauen im Gemeinwohlsektor einsetzen. Bei Natur im Garten setze ich mich für eine ökologische Gartenbranche ein. Ich betreue die Gärtnereien, Gartengestalter, Ingenieurbüros und biologische Produkt- und Sortimenthersteller, damit wir den ökologischen Gartenmarkt ausweiten. Nach wie vor gibt es viel zu viele Gifte, torfhaltige Erden und mangelndes Bewusstsein wie leicht es ist, naturnah zu gärtnern. Ich versuche Samen zu säen (Projekte, neue Vertriebswege, Weiterbildungen, Marketing) , beobachte beim Keimen und Wachsen (wie Beziehungen unter den Profis entstehen, Selbstorganisation entsteht, die Projekte gedeihen), gieße nach, wo es Anpassung braucht (mehr Kontakt, mehr Druck, Liebe, Weiterbildungen, Vernetzung, Vertrauensaufbau, Hilfe in Anspruch nehmen). Das heißt als „Gärtnerin“ bin ich dafür verantwortlich, mich um meine Pflanzen zu kümmern und zu schauen, dass sie gedeihen. Aktuell ziehe ich ein weiteres Pflänzchen heran: ein Mädchen in meinem Bauch. Das ist auch gleichzeitig eine Pause für mich im NPO Frauennetzwerk und bei Natur im Garten. Nun braucht jemand anderes meine Zuwendung. Und ich bin dankbar in Österreich zu leben, wo ich in Karenz gehen kann.
Was hat mir das NPO Frauennetzwerk gebracht
Dadurch, dass ich als Mittzwanzigerin absolut keinen Selbstwert hatte, fand ich gute Vorbilder im NPO Frauennetzwerk. Ich holte mir Rat, sprach viel mit erfahrenen und erfolgreichen Frauen und mit Peers. Dann fing ich an, mich aktiv zu engagieren, weil ich sah, dass wir einander sehr viel Unterstützung geben können. Und ich pflegte das Netzwerk, indem ich zb. Speed Dating Veranstaltungen (jede Frau konnte sich einige Coaching Sessions buchen) organisierte. Danach übernahm ich die Rolle der Obfrau. Nach einem katastrophalen Einstieg als Obfrau, bei dem viel Verantwortung auf mir lag, ich aber keine Führungserfahrung hatte, die Rollen der Vorständinnen nicht klar waren, ich zwar Visionen fürs Netzwerk hatte, diese aber nicht umsetzen konnte, war dies ein herausforderndes Unterfangen. Deswegen nahm ich Hilfe in Anspruch beim Aufbau von Teams, Strukturen und Zielen. Ich habe aus Fehlern gelernt, anderen zugehört und auch klarer in meiner Kommunikation zu werden.
Ich lernte wie Organisations- und Netzwerkentwicklung geht, wie ich Teams aufbaue, kreativ mit Ressourcen umgehen und wirkungsvolle Allianzen eingehen kann. Darüber hinaus habe ich ein unglaublich dichtes und breites Netzwerk in der Wirtschaft, im NGO Sektor, in der Medienbranche, in der Philanthropie, in der Coaching Szene, im Sozialunternehmertum und der Start Up Szene aufgebaut, das mich trägt und das ich auch pflege.
Für jedes Problem, jeden Auftrag, jedes Projekt kenn ich Menschen, die den Job machen können, die mit mir das Projekt machen können oder die ich mit passenden Organisationen vernetzen kann.
Wer sind meine Vorbilder
Meine Vorbilder sind Menschen, die ihren eigenen Weg gehen. Die sich nicht an Konventionen halten oder an falsche Glaubenssätze festhalten, sondern sich die Welt so gestalten, wie es ihnen gefällt und wie es für das Gemeinwohl am besten ist. Ich bewundere Greta Thunberg. Sie geht kompromisslos an ihre Sache heran. Sie kennt alle Zahlen und Fakten. Sie hat Fokus. Kompromisslosigkeit. Das sind ihre Stärken. Meine sind das nicht. Meine Stärken sind Empathie, Intuition und Flexibilität. Ich glaube, ich bewundere Greta vielleicht auch deshalb, weil sie Charakteristika hat, die ich nicht so stark und natürlich habe.
Erfolgsbeispiele in der Berufswelt
Dort, wo ich zu mehr Gleichberechtigung, Inklusion, Menschlichkeit, Selbstbestimmung und Miteinander beitragen kann, gefällt es mir. Ich will meinen Ehrgeiz, meine Zielstrebigkeit und mein Engagement nicht verschwenden und ich glaube, dieses Versprechen an mich ist auch schon ein Erfolg. Ich habe dazu beigetragen, dass das Thema Wildbienen, Schmetterlinge und Biodiversität in der Mitte der Gesellschaft gelandet sind. Ich war immer in relativ jungen Organisationen tätig, wo wir die Struktur erst aufbauen mussten. Kommunikation, Prozesse, neue Projekte, mit Stakeholdern/Partnern/KollegInnen Ziele definieren und auf diese hinarbeiten. In meiner Tätigkeit bei „Natur im Garten“ geht es auch darum, den Bereich der Partnerbetriebe und des Gütesiegels (Auszeichnung für ökologishce, biologische Gartenprodukte) aus- und aufzubauen – das macht mir Spaß.
Think like a plant grow like a plant
Ich habe gelernt Hilfe anzunehmen, zu kooperieren und dezentral zu agieren. Think like a plant grow like a plant. Ich muss auch nicht mehr alles auf einmal und sofort haben. – Mich in Geduld zu üben, habe ich von den Pflanzen gelernt und auch von meinem australischen Freund.
Mein Ratschlag an junge Frauen
Bitte netzwerkt! Habt Mut an euren Zielen festzuhalten und baut, wenn ihr es braucht, Selbstwert auf. Unterstützung dafür findet ihr in Frauennetzwerken. Geht keine faulen Kompromisse ein, und überlasst nicht mehr als 50 Prozent Raum und Gesprächszeit den Männern. Erkennt patriarchale Strukturen und versucht diese über das Bilden von Netzwerken zu verändern. Oder verlasst das Unternehemen, wenn ihr nichts mitgestalten könnt oder nichts mehr zu lernen habt. Es ist ganz wichtig, sich gegenseitig als Frau zu unterstützen. Leider sind an der Spitze nach wie vor viel zu wenige Frauen, d.h.auch „weniger Platz“. Aber die Konsequenz soll sein, dass sich Frauen gegenseitig unterstützen und nicht bekämpfen.
Wenn du etwas an einer anderen Frau bewunderst, sag es ihr. Gewöhn dir an, andere hochzuheben und schau, dass auch du dich mit Menschen umgibst, die dich aufbauen.
Worauf möchte ich stolz sein, wenn ich alt bin? Wie soll die Arbeitswelt dann aussehen?
Eine Arbeitswelt, in der der Mensch und das Gemeinwohl im Mittelpunkt stehen. Wo das Verständnis, dass alles ein Kreislauf ist und alles zusammenhängt immer im Vordergrund steht. Wir leben auf diesem Planeten und haben eine Verantwortung diesen gesund zu halten. Es ist schrecklich, wie wir unsere Menschheit ausrotten, weil Profit das Wichtigste ist. Ich wünsche mir Unternehmen, wo die gesellschaftliche Wirkung und nicht das Wachstum im Mittelpunkt stehen. Profit ist ein Beiprodukt und nicht das Ziel.
Welchen Beitrag leistet das NPO Frauennetzwerk
Das NPO Frauennetzwerk ist eine Plattform von und für Frauen, die im Gemeinwohlsektor arbeiten: Wir vertreten die organisierte, weibliche Zivilgesellschaft: Umweltschutz, Soziales, Gesundheit, Tierschutz, Menschenrechte und Bildung sind die Themen an denen wir in NGOs, Stiftungen, Vereinen oder als Selbstständige und Sozialunternehmerinnen arbeiten. Der Non-Profit Sektor ist der viertgrößte Arbeitgeber Österreichs, der Großteil der Angestellten sind Frauen in Teilzeit. Meistens sind es Männer, die die Führungspositionen besetzen. Das geht so nicht. Und deshalb versuchen wir über Vernetzung, Weiterbildungen und Lobbying zu mehr Teilhaben von Frauen und zu inklusiven Organisationsformen beizutragen. Es braucht mehr Frauen in Führungspositionen, zB. kann das über Top Sharing funktionieren, es braucht die Schließung des Gender Pay Gaps oder der Vermeidung von Altersarmut. Pensionssplitting kann eine Möglichkeit sein. Es braucht vor allem eine Frauenquote, damit unsere Zivilgesellschaft nicht nur männlich geprägt ist (weil ja Führungskräfte den Ton angeben) sondern auch weiblich und inklusiv. Es kann doch nicht sein, dass lauter motivierte Idealistinnen im NGO Bereich arbeiten, und dann keine Pension haben, einen schlecht bezahlten Teilzeitjob und sich dann noch um die Kinderbetreuung, das familiäre Leben, oder den Haushalt kümmern. So viele Rollen innezuhaben ist nicht gesund. Und wir sehen eine hohe Burnout Rate im NGO Bereich. Das müssen wir ändern. Die Zivilgesellschaft ist eine der wichtigsten Säulen, wir sollten sie so gestalten, dass wir uns darin entfalten, davon leben und wirkungsvoll gestalten können.